Die neue Swiss Life-Studie liefert Zahlen und Fakten zur finanziellen Situation von Pensionierten in der Schweiz. Trotz positiver Bilanz ist es in der Altersvorsorge höchste Zeit für Reformen. Studienautor Andreas Christen erklärt, warum.

Während des Erwerbslebens einzahlen, nach der Pensionierung Renten beziehen bzw. vom Ersparten zehren: grob vereinfacht die Faustformel jedes Vorsorgesystems. In der Schweiz soll das sogenannte Dreisäulenmodell die finanzielle Existenz und den Erhalt des gewohnten Lebensstandards nach der Pensionierung sichern. Laut einer neuen Swiss Life-Studie leben in der Schweiz 73% der Menschen ab 65 in einem Haushalt mit hoher oder sehr hoher finanzieller Zufriedenheit  – so viele wie in keiner anderen Altersgruppe.

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Ist das Dreisäulensystem: ein Erfolgsmodell?
Andreas Christen: Die Swiss Life-Studie zeigt eine weitgehend positive Momentaufnahme der Leistungsfähigkeit der Schweizer Altersvorsorge. Zwar existieren Geschlechterungleichheiten wie der «Gender Pension Gap»  und auch in beschränktem Ausmass Altersarmut – es geht lange nicht allen Pensionierten finanziell gut. Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass eine deutliche Mehrheit der Rentnerinnen und Rentner sich finanziell selbstbestimmt fühlt und finanziell zuversichtlich ist. Gemäss Selbsteinschätzung wurde der Erhalt des Lebensstandards für eine klare Mehrheit der heutigen Pensionierten erreicht. Auch im internationalen Vergleich ist die finanzielle Zufriedenheit der über 65-Jährigen in der Schweiz hoch – gerade im Vergleich zur Bevölkerung im Erwerbsalter.

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Wieso sprechen Sie mit Blick auf die Studienresultate von einer Momentaufnahme?
Andreas Christen:
Eine Momentaufnahme entsteht im Hier und Jetzt, sie ist – wie das Wort «Moment» schon beinhaltet – flüchtiger Natur. Wir haben in unserer Studie den Status quo der heutigen Pensioniertengeneration angeschaut – in die Zukunft übertragen lassen sich die Studienresultate aber nicht einfach so. Das liegt daran, dass die Altersvorsorge vor grossen Herausforderungen steht.

Was macht den drei Säulen zu schaffen?
Andreas Christen:
Die Demografie und das Kapitalmarktumfeld. Oder etwas weiter ausgeholt: Die Pensionierungswelle der Babyboomer, die steigende Lebenserwartung und das Tiefzinsumfeld. Diese Faktoren setzen die Altersvorsorge erheblich unter Druck und sind bereits heute spürbar, z. B. in Form von gesunkenen überobligatorischen Umwandlungssätzen oder bereits etwas gestiegenen AHV-Lohnbeitragssätzen.

Um die bisherige Leistungsfähigkeit des Dreisäulensystems zu erhalten, muss die Finanzierung nachhaltig gesichert werden.

Es braucht möglichst rasch Reformen. Gemäss unserer Umfrage erkennt auch die Mehrheit der Bevölkerung Reformbedarf. Die Umfrage zeigt aber auch, dass es in der Bevölkerung (noch) keinen Konsens darüber gibt, wie die Herausforderungen in der Altersvorsorge gelöst werden sollen – ausser vielleicht, dass man keine Rentensenkungen will.

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Wagen Sie einen Blick in die Zukunft des Dreisäulenmodells?
Andreas Christen:
Das Dreisäulenmodell ist grundsätzlich auch für die Zukunft gut geeignet. Es sorgt für einen in der Bevölkerung breit akzeptierten Mix aus Solidarität und Eigenverantwortung. Allerdings müssen die absehbar stark wachsenden Finanzierungslücken rasch und nachhaltig geschlossen werden. Ansonsten wird die finanzielle Stabilität zunehmend bedroht und die daraus entstehenden Kosten werden künftige Pensioniertenjahrgänge und Generationen tragen müssen. Spannend ist hier daher auch, wie jüngere Menschen über dieses Thema denken und an ihre Vorsorge herangehen – hierzu haben wir im Rahmen einer Strassenumfrage einige interessante Perspektiven gesammelt.

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Andreas Christen ist Ökonom und forscht seit rund zehn Jahren zu unterschiedlichen volkswirtschaftlichen Themen. Seit drei Jahren analysiert er als Senior Researcher Vorsorge bei Swiss Life Themen rund um die Altersvorsorge. Von ihm bereits erschienen sind die Studien «Länger leben, länger arbeiten?», «Länger leben – länger Arbeit geben?», «Vorsorgerisiko Scheidung» und «Gender Pension Gap».

«Was können sich Pensionierte leisten?»

Die komplette Studie zum Download

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