In einer Welt, in der alles möglich ist, ist oft die grösste Herausforderung herauszufinden, was wir wollen. Dabei spart uns unser Gehirn Zeit und übernimmt einen beachtlichen Teil der tagtäglichen Entscheidungen im Autopilot.

Soll ich ein rotes oder ein blaues Hemd tragen? Skiferien oder lieber einen Städtetrip planen? Soll ich heiraten? Mich scheiden lassen? Kinder bekommen? Hirnforscher gehen davon aus, dass ein Mensch täglich über 20'000 Entscheidungen fällt.

Dabei folgt der Entscheidungsprozess meist demselben Muster: Der Mensch erkennt eine Entscheidungssituation, schaut sich die Optionen an, sucht Informationen dazu und bewertet diese. Erst dann entscheidet er, setzt den Entscheid um und überprüft ihn. Diese Erfahrung speichert das Gehirn ab und lässt sie fortan in Entscheidungsprozesse einfliessen.

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Unbewusstes Handeln, bewusstes Überlegen

«Selbstverständlich erleben wir nur einen Bruchteil unserer Entscheidungen bewusst», erklärt Entscheidungsforscher Daniel Hausmann-Thürig von der Universität Zürich. Entscheidungen seien mit einer Wanderung zu vergleichen. «Wir setzen uns idealerweise ein Ziel, bereiten uns vor, schlagen eine Richtung ein und begeben uns auf den Weg. Ist uns dieser vertraut, erleben wir unter Umständen keinerlei Entscheidungssituationen.» Sobald jedoch ein Hindernis auftritt, gerät der Mensch ins Stocken. «Wir müssen uns bewusst überlegen, wie wir weiterkommen, und kommen so vom unbewussten Agieren ins bewusste Überlegen», so Hausmann-Thürig weiter.

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Die 10-10-10-Methode – Stellen Sie sich folgende Frage: Welche Auswirkung hat meine Entscheidung in zehn Minuten, zehn Monaten und zehn Jahren?

Hands holding british pound coin and small money pouch. Toned picture

Der Münzwurf – Wenn Sie hoffen, dass die Münze Entscheidung A zeigt, haben Sie sich unbewusst bereits entschieden.

Auf dem Weg dahin gibt es auch Stolpersteine:
Wie wir uns entscheiden, hängt nicht nur von der Situation, sondern auch von der Persönlichkeit ab. Wie offen für Neues, ängstlich, risikoaffin, perfektionistisch oder genügsam ein Mensch ist, spielt nämlich in die Entscheidungsfindung mit hinein. Dabei gibt es gemäss dem Entscheidungsexperten Hausmann-Thürig unzählige Stolpersteine auf dem Weg zu einer guten Entscheidung: «Das fängt bei verzerrter Wahrnehmung an, führt über Fehleinschätzungen und fehlerhaftes Denken bis hin zu falschen Risikoabwägungen.» Doch gibt es so etwas wie einen freien Willen überhaupt oder ist ohnehin alles eine Illusion? Das zumindest behaupten Forscher wie der Neurophysiologe Benjamin Libet.

Er hat bereits vor 30 Jahren ein Gehirnsignal gemessen, das bewussten Entscheidungen um einige Hundert Millisekunden vorausgeht. Bei unbewussten Entscheidungsprozessen sei der freie Wille folglich nur eine Illusion
, argumentierte der Wissenschaftler damals. «Vieles in unserem Gehirn geschieht einerseits routiniert. Andererseits können wir stets innehalten und uns fragen, was wir da eigentlich tun», so Hausmann-Thürig. Tatsächlich werde heutzutage viel zu oft bewusst abgewogen. «Wir müssen uns zwischen so vielen Optionen entscheiden und wollen das möglichst schnell und gut machen. Das kann überfordern», resümiert er. Der Forscher rät deshalb zu Entspannungsinseln, während deren man den Gedankenfluss stoppt und sich stattdessen die Frage zu den wahren Bedürfnissen und Lebenszielen stellt: Was ist mir wirklich wichtig?

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Schwanger gehen – Leben Sie drei bis fünf Tage so, als stünde der Entscheid bereits fest. Beobachten Sie, was diese Vorstellung mit Ihnen macht.

Senior man and his daughter celebrating his 80th birthday at home

Der 80. Geburtstag – Entscheiden Sie sich so, wie Sie an Ihrem 80. Geburtstag auf Ihr Leben zurückblicken möchten.

Dr. phil. Daniel Hausmann-Thürig

Dr. phil. Daniel Hausmann-Thürig ist Psychologe FSP. Er arbeitet am Psychologischen Institut der Universität Zürich im Team der Angewandten Sozial- und Gesundheitspsychologie und ist Forschungsleiter für Angewandte Entscheidungsforschung mit medizin- und gesundheitspsychologischem Schwerpunkt.

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